Corona und Bildung; frag mal einen Abgeordneten

Kristy Augustin
Mitglied des Landtags
Sprecherin für Familie, Frauen, Jugend und Menschen mit Behinderung
CDU Fraktion im Landtag Brandenburg
 
Vorsitzende Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport

Was halten Sie von Masken und/ oder CO2 – Meldern im Unterricht?

Bei allen politischen Entscheidungen stand und steht für uns immer der Schutz der Menschen an erster Stelle. So einschneidend die Auflagen dann im persönlichen Leben auch manchmal sind, ist es alles wert, wenn wir dadurch Gefahren abwehren können. Im Unterricht sind für mich die Masken dann ein Mittel, wenn es nicht mehr anders geht. Die Regelungen aktuell, finde ich ausreichend. Der CO2 Melder steht stark in der Kritik, aber auch hier kann vorbeugend schlimmeres verhindert werden. Mit dem bislang noch möglichen Lüften ist es auch ohne CO2 Melder ausreichend. Wird es kälter, kann ein CO2 Melder sinnvolle Unterstützung sein. Das Saarland macht aktuell gute Erfahrungen damit.

Hätte man die Möglichkeit einer Schulschließung nicht vorher besser vorbereiten sollen?

Die Pandemie hat immer wieder schnelles Handeln erforderlich gemacht, ohne lange abstimmen oder vorbereiten zu können. Bevor im März die Schulen geschlossen wurden, gab es Kritik, warum das nicht längst erfolgt sei. Kurz danach, gab es Kritik, dass die Schulen überhaupt geschlossen wurden. Es gilt nach wie vor, Gefahrenpunkte, wo vielfache Ansteckung möglich ist, viele Menschen aufeinandertreffen, zu verringern. Wir alle lernen aus den Entwicklungen. Zum damaligen Zeitpunkt musste eine Schließung schnell erfolgen.

Was ist Ihre Meinung zum Umgang mit den Prüfungen (Abitur, P10) die unter Corona Bedingungen geschrieben werden mussten?

Es gab unterschiedliche Rückmeldungen von den einzelnen Schulen. Alles in allem bin ich aber dankbar, dass die Prüfungen durchgeführt werden konnten und somit auch die Schülerinnen und Schüler ihr Abitur ablegen konnten bzw. Prüfungen absolvieren. Trotz Kritik zeigen auch die Ergebnisse, dass es keine generelle Verschlechterung im Notendurchschnitt gab. Einzelne Betroffene, die besondere Schwierigkeiten zu meistern hatten, gibt es immer wieder. Aber die Mehrheit ist zufrieden und dieses Abschlussjahr oder Prüfungsjahr wird immer ein besonderes bleiben.

Waren die Schule angemessen für das Distanzlernen ausgestattet?

Nein. Es gab viele Herausforderungen. Die Pandemie hat uns durchaus Schwächen vor Augen geführt aber auch neue Anstöße und Ideen gegeben. Ob die Ausstattung der Schulen oder der große Bereich Digitalisierung und Medienkompetenz – es gibt vieles, was angegangen werden muss. Auch vor dem Hintergrund, dass ein Ende der Pandemie nicht abzusehen ist und damit auch neue Einschränkungen im Schulbetrieb drohen könnten, muss schnell gehandelt werden.  Die Schulgebäude können nicht so schnell umgebaut werden aber was die Vermittlung von Lerninhalten, digitales Lernen und Schulung von Schülerinnen und Schülern als auch der Lehrerinnen und Lehrer sind aktuell Punkte, die wir auf Landesebene besprechen und vorantreiben.

 

„Unsere Schulen gehören digital auf die Überholspur“, sagte Erik Stohn (SPD). Stimmen Sie dem zu und was wären Ihre Vorschläge um das zu erreichen?

Das ist ein schöner Wunsch, der so schnell leider nicht zu erfüllen ist. Es passiert aktuell viel in diesem Bereich, es gab Gelder auch von der Bundesebene u.a. auch, um die Schulen mit digitalen Endgeräten auszustatten. Damit allein ist es allerdings nicht getan. Abseits des Bildungsbereiches hinken wir leider allein im Ausbau der Netze hinterher. Viele Schülerinnen und Schüler hatten z.B. während des Homeschoolings keine ausreichende Internetverbindung. Da sind Versäumnisse offenbar geworden, die nun deutlich vor Augen geführt wurden. Was wir derzeit aber machen und verstärken werden, ist die digitale Ausstattung der Schulen, die Erweiterung der Schulcloud, Unterstützung der Schulen mit dem Digital Pakt und vieles mehr. Der Bereich Digitalisierung ist entscheidend und wird auch aktuell im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport noch beraten.

Sehen Sie die Schulcloud vom HPI als zukunftsweisend an?

Ja. Das Projekt ist gerade durch die Corona-Pandemie auch vorangetrieben worden. Es sind mehr Schulen beteiligt, als bislang geplant und es wird weiter ausgebaut. Dass das Projekt aber noch in den „Kinderschuhen“ steckt, ist auch klar.

Was müsste noch erfolgen, um diese effektiv auch in den Schulalltag einzubinden?

Es sind vor allem auch rechtliche Fragen noch zu klären. Wie werden Kinder erreicht, bei denen die Eltern einer Nutzung nicht zustimmen? Welcher Schutz vor Datenmissbrauch ist noch notwendig? Wie wird es vor Ort angenommen und was muss daher noch an Unterstützung erfolgen? Da denke ich vor allem auch an Schulungen im Umgang mit der Schulcloud oder Unterstützung durch Administratoren und IT Experten.

Welche regulatorischen Änderungen müssten noch erfolgen, um im Schulalltag grundsätzlich effektiv digital arbeiten zu können?

Neben den Fragen des Datenschutzes und entsprechend notwendigen Vorgaben muss auch die allgemeine Zugänglichkeit festgelegt werden. Es bringt z.B. nichts, wenn einzelne Betriebssysteme oder Programme nicht kompatibel sind und daher nicht allgemeingültig nutzbar sind.

Halten Sie es für sinnvoll, digitale Lernplattformen oder alte Prüfungsaufgaben in digitaler Form für ein selbständiges Lernen zu ermöglichen?

Es ist auf jeden Fall zukunftsweisend digitales Lernen und auch Prüfungsvorbereitungen anzubieten. Aber auch hier mussten wir feststellen, dass das selbstständige Lernen unterschiedlich umgesetzt wurde. Sowohl die Schülerinnen und Schüler müssen darauf vorbereitet werden als auch die Lehrerinnen und Lehrer hier weitergebildet werden. Die Mischung aus Anleitung, Kompetenzvermittlung und selbstständigem Lernen ist hier der Schlüssel. Aus pädagogischer Sicht darf es aber nicht passieren, dass sich die Schülerinnen und Schüler allein gelassen fühlen und Eigenständigkeit in Resignation endet.

Wenn Sie eine Schulnote für den Umgang mit der Pandemie im schulischen Betrieb und in der Schulpolitik im Land Brandenburg geben müssten, welche wäre das und warum? (Einzelbenotungen sind möglich)

Dem Bildungsministerium würde ich eine 2 geben. Wir alle standen vor ungekannten Herausforderungen und im Nachgang sind alle klüger als zuvor, aber es wurde im mit dem Blick auf die Gesundheit einerseits und Einschränkung von Rechten andererseits versucht abzuwägen, was notwendig ist.

Den Schülerinnen und Schülern gebe ich die Note 1. Denn sie mussten in diesen Zeiten besonderes meistern. Auch wenn es unterschiedlich geglückt ist, war die Herausforderung eine ganz besondere.

Den Schulbetrieb insgesamt könnte ich nicht einheitlich bewerten. Die Rückmeldungen waren doch sehr unterschiedlich. In manchen Orten gab es Entwicklungen, bei denen Lehrer und Schüler über sich hinauswuchsen, in manchen gab es auch regelrechten Stillstand. Da ist von 1 bis 5 alles dabei. All das muss ausgewertet werden. Aus allen Dingen können wir lernen.

Corona und Bildung; frag mal einen Abgeordneten

Petra Budke

Mitglied des Landtags

Fraktionsvorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Landtag Brandenburg

Sprecherin für Bildung, Kinder, Sport, Medien und Religion

Mitglied im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport

 

Was halten Sie von Masken und/ oder CO2 – Meldern im Unterricht?

Wir müssen alles tun, damit Unterricht weiterhin stattfinden kann und Schulen nicht wieder geschlossen werden. Deshalb gilt überall da, wo sich Gruppen mischen, die Maskenpflicht, in Schulen also z.B. auf den Gängen. Im Unterricht selbst haben wir seit November angesichts der rapide gestiegenen Infektionszahlen für die Oberstufe eine Maskenpflicht eingeführt. Ich weiß, dass dies ein harter Einschnitt ist, ich bin selbst Lehrerin. Für die jüngeren Schülerinnen und Schüler, wenn sie auf festen Plätzen sitzen und ausreichend gelüftet wird, sind Masken nicht unbedingt notwendig. Wenn es einen Corona-Fall in einer Schule gibt, können gezielt Maßnahmen getroffen werden. CO2-Melder sind ein interessanter Ansatz, weil die Konzentration von CO2 und die Aerosol-Konzentration zusammenhängen. Derzeit werden sie an einigen Schulen ausprobiert. Die Erfahrungen müssen wir sorgfältig beobachten und auswerten. Doch allen muss klar sein: All die technischen Maßnahmen helfen nur bedingt. Das Wichtigste ist, sich auch außerhalb der Schule vernünftig zu verhalten und vor allem überall die Hygieneregeln einzuhalten.

Hätte man die Möglichkeit einer Schulschließung nicht vorher besser vorbereiten sollen?

Im Nachhinein ist man immer klüger. Viele Schulen haben diese große Herausforderung aber sehr gut gemeistert. Ich habe viele Lehrkräfte erlebt, die mit großem Engagement den Kontakt zu ihren Schülerinnen und Schüler aufrecht gehalten haben und fürs Homeschooling neue Unterrichtsmethoden entwickelt haben. Vieles sieht von außen so einfach aus – aber die konkrete Umsetzung ist aufwändig. In den Sommerferien, während andere Urlaub machten, hat das Schulpersonal in Brandenburg bis zum Anschlag gearbeitet, um die Schulen nach den sechs Wochen wieder öffnen zu können. Ähnliches gilt auch für das Distanzlernen. Die Bereitstellung von Lernmaterialien in einer Cloud oder der Unterricht über Videokonferenzen – das bedeutet eine völlige Umstellung des über Jahre eingeschliffenen Lehrbetriebes. Wir haben bei der Digitalisierung viel aufzuholen, daran arbeiten wir gerade, z.B. in dem wir mit Hilfe des Digitalpakts die Schulen technisch besser ausstatten oder Fortbildungen anbieten.

Was ist Ihre Meinung zum Umgang mit den Prüfungen (Abitur, P10) die unter Corona Bedingungen geschrieben werden mussten?

 

Sicherlich waren das keine leichten Voraussetzungen. Es gab natürlich auch Stimmen, die darauf drängten, in diesem Jahr auf die Prüfungen zu verzichten. Aber ich finde es gut, dass sie stattgefunden haben und alle Schülerinnen und Schüler einen vollwertigen Abschluss in der Tasche haben. In Brandenburg ist das ziemlich problemlos gelaufen: Fast alle haben teilgenommen, es gab nicht mehr Krankmeldungen als in anderen Jahrgängen auch.  Auch die Ergebnisse weichen nicht von anderen Jahrgängen ab.  Darauf können alle Beteiligten stolz sein!

Waren die Schule angemessen für das Distanzlernen ausgestattet?

Allen ist klar, dass das nicht so ist. Deshalb haben wir noch vor den Sommerferien das Aktionsprogramm digitale Bildung im Landtag beschlossen. Es soll dazu beitragen, dass der Online-Unterricht glatter abläuft. Es stehen jetzt  auch zusätzliche Mittel zur Verfügung, damit zum Beispiel Studierende in Schulen die Lehrkräfte beim Hybridunterricht unterstützen können. Das soll auch 2021 fortgesetzt werden. Natürlich wird das nicht alle Probleme beheben, aber es ist auch unmöglich, die gesamten Versäumnisse der letzten Jahre innerhalb eines halben Jahres auszuräumen. Das sieht man auch beim Digitalpakt. Der kommt nun endlich in Schwung und die Schulträger stellen die Anträge.  Aber bis die Gelder fließen und die Technik steht, sind viele Schritte notwendig. Der Schulträger muss ein Technik-, Medien- und Fortbildungskonzept  einreichen,  der Breitbandausbau in Gang kommen. Das Tempo nimmt deutlich zu, auch wenn es natürlich schön wäre, wenn wir schon weiter wären.

 

„Unsere Schulen gehören digital auf die Überholspur“, sagte Erik Stohn (SPD). Stimmen Sie dem zu und was wären Ihre Vorschläge um das zu erreichen?

Das Aktionsprogramm digitale Bildung war nicht der einzige und letzte Beschluss. Allen ist klar, dass weitere Maßnahmen notwendig sind. Wir arbeiten daran, die Digitalisierung weiter voranzutreiben. Gleichzeitig ist ein rein digitaler Unterricht nicht das Ziel. Schule hat ja immer auch eine soziale Komponente. Nicht nur, dass man dort Freundinnen und Freunde hat. Wissen und Lernen werden ja auch sozial vermittelt. Keine Schule ist durch Glasfaserkabel, Hochleistungsrechner, Clouds und Lernplattformen ersetzbar. Aber sie braucht all diese Elemente, um eine moderne Schule zu sein und so das heutige Lernen und Wissen zu ermöglichen. Daran arbeiten wird mit Hochdruck.

Sehen Sie die Schulcloud vom HPI als zukunftsweisend an?

Die HPI-Cloud dominiert an Brandenburger Schulen,  aber es gibt auch sehr gute andere Angebote. Niemand wird gezwungen, eine bestimmte  Cloudlösung zu verwenden.  Itslearning ist zum Beispiel eine Lösung einer Berliner Firma, die vor allem im Norden Deutschlands häufig zum Einsatz kommt und auch Schulen bei uns in Brandenburg nutzen. Der ganze Cloud-Sektor ist derzeit stark in Bewegung. Ich bin auch hier für Vielfalt und Wahlfreiheit.

Was müsste noch erfolgen, um diese effektiv auch in den Schulalltag einzubinden?

Wir haben gute Erfahrungen mit den Medienfit-Landesprogrammen gemacht. In dieser Art müssen wir die Fortbildung weiterführen und verstärken. Ich finde es wichtig, dass Lehrkräfte im Team arbeiten und sich gut vernetzen und austauschen. Außerdem brauchen wir mehr geeignete Unterrichtsmaterialien. Wir müssen nicht jedes Mal das Rad neu erfinden. Hier sind auch die Schulbuchverlage gefragt.

Welche regulatorischen Änderungen müssten noch erfolgen, um im Schulalltag grundsätzlich effektiv digital arbeiten zu können?

Die Frage des Datenschutzes muss natürlich geklärt sein, genauso wie auch der Umgang mit den sozialen Netzwerken. Und es geht nicht nur darum, Technik anzuschaffen, sie muss auch gewartet werden. Das können die Lehrkräfte nicht alles leisten. Deshalb brauchen die Schulen auch Unterstützung von IT-Techniker*innen. Das ist ja zum Glück im neuen Digitalpakt auch vorgesehen.

Halten Sie es für sinnvoll, digitale Lernplattformen oder alte Prüfungsaufgaben in digitaler Form für ein selbständiges Lernen zu ermöglichen?

Selbstständiges Lernen ist eine sehr gute, prägende Erfahrung und die digitalen Medien bieten dafür gute Möglichkeiten. Sinnvolles Lernen und sinnvoller Unterricht mit digitalen Medien ist aber nicht einfach nur die Übertragung des bisherigen Unterrichts ins Digitale. Wir müssen für jedes Fach individuell klären, wie digitale Möglichkeiten in der Cloud genutzt werden können. Wir müssen weg kommen von der reinen Technik-Vermittlung hin zur digitalen Fachdidaktik. Da arbeitet zum Beispiel die Uni Potsdam gerade daran. Frage-Antwort-Sammlungen sind schon jetzt nur in manchen Fächern sinnvoll. Wenn ich aber das Wirken von Napoleon oder den Einfluss der Reformation auf das Verhältnis von Mann und Frau bewerten soll - da gibt es keine „richtige“ Antwort.

Wenn Sie eine Schulnote für den Umgang mit der Pandemie im schulischen Betrieb und in der Schulpolitik im Land Brandenburg geben müssten, welche wäre das und warum? (Einzelbenotungen sind möglich)

Manche Schulen waren sehr gut vorbereitet, manche weniger und manche gar nicht. Deshalb landet man immer bei einer Drei. Sicher ist: Die Landesregierung hat sich sehr ins Zeug gelegt, um die digitalen Ressourcen nutzbar zu machen. Wir müssen das flächendeckend ermöglichen. Daran arbeiten wir – wie immer, gerade im digitalen Bereich: Mit Hochdruck.

Corona und Bildung; frag mal einen Abgeordneten

Dennis Hohloch

Mitglied im Landtag

AFD-Fraktion im Landtag Brandenburg

Parlamentarischer Geschäftsführer

Mitglied im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport

 

Was halten Sie von Masken und/ oder CO2 – Meldern im Unterricht?

Wir lehnen das Tragen von Masken im Unterricht aus infektionspräventiven Überlegungen heraus ausdrücklich ab, weil die Wirksamkeit – insbesondere im Falle der weitverbreiteten Behelfsmasken aus Baumwolle oder Seide bzw. für medizinische Masken – wissenschaftlich nicht bestätigt ist. Diese Auffassung wird nicht nur durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte geteilt; auch die Landesregierung scheint von der Schutzwirkung nicht überzeugt, wenn sie in der derzeit gültigen Umgangsverordnung, die das Maskentragen im Schulhaus außerhalb des Unterrichts vorsieht, ausdrücklich darauf hinweist, dass die genutzten Mund-Nase-Bedeckungen „unabhängig von einer Kennzeichnung oder zertifizierten Schutzkategorie“ getragen werden könnten. Abgesehen davon würde eine mögliche Ausweitung der Maskenpflicht auf den Unterricht massive Auswirkungen auf den Lehr-Lern-Prozess mit sich bringen, weil es die Kommunikation einschränkt. Das ist insbesondere im Bereich des Fremdsprachenunterrichts ungünstig und beim Unterrichten kleiner Schüler.

Wir sagen: Wer immer eine Maske aufsetzen möchte, weil er sich dadurch sicherer fühlt, soll das ohne Probleme tun können. Eine allgemeine Maskenpflicht, noch dazu während des Unterrichts, lehnen wir aber ab.

Hätte man die Möglichkeit einer Schulschließung nicht vorher besser vorbereiten sollen?

Die Landesregierung hatte unserer Überzeugung nach Mitte März keine andere Möglichkeit, als den regulären Schulbetrieb vorerst einzustellen, weil zu diesem Zeitpunkt keine gesicherten Informationen über die Gefährlichkeit des Virus vorlagen. Insofern war Vorsicht sicherlich besser als Nachsicht. Die Entscheidung wurde von der AfD zunächst mitgetragen. Viel gravierender als die Schulschließungen selbst war jedoch, dass der Wiedereinstieg von der Heimbeschulung in den Präsenzunterricht viel zu spät in Angriff genommen wurde. Aus dem Ministerium waren wochenlang keine Impulse zu vernehmen, geschweige denn, dass ausgereifte Konzepte vorgelegt worden wären.

Die AfD hatte bereits Anfang April ein umfangreiches Maßnahmenpaket vorgelegt, auf dessen Grundlage die Wiederaufnahme des Schulbetriebs 1. effektiv, 2. unkompliziert, 3. sicher und 4. zeitnah hätte erfolgen können. Wir haben die Landesregierung und die übrigen im Landtag vertretenen Parteien ausdrücklich dazu eingeladen, diese Vorschläge gemeinsam mit uns zu diskutieren, um zu optimalen Lösungen zu kommen, dem Recht auf Bildung für alle zum Durchbruch zu verhelfen und vor allem die Eltern und Familien zu entlasten. Diese Einladung wurde leider ausgeschlagen. Infolgedessen wurden nach unserer Überzeugung schwere und unnötige Fehler begangen, die insbesondere Kinder im Grundschulalter hart getroffen haben, da diese als Letzte an die Schulen zurückgeholt wurden und nicht – wie beispielsweise in Dänemark, Norwegen oder Island aus guten Gründen praktiziert – als Erste.

Was ist Ihre Meinung zum Umgang mit den Prüfungen (Abitur, P10) die unter Corona Bedingungen geschrieben werden mussten?

Wir haben Verständnis dafür, dass viele Zehntklässler die Durchführung der Prüfung nicht begrüßten. Die Berichterstattung und die Wortbeiträge von Landespolitikern haben kräftig dazu beigetragen, Angst und Unsicherheit zu schüren. Andererseits konnte bereits im Vornherein durch entsprechende Konzepte sichergestellt werden, dass die Durchführung der Prüfungen keine gesundheitlichen Risiken mit sich brachte.

Waren die Schulen angemessen für das Distanzlernen ausgestattet?

Nein. Wir wissen, dass viele Kinder und Jugendliche, vor allem aus sozial schwachen Elternhäusern, in diesem Bereich dringend Unterstützung gebraucht hätten. Auch das war Teil unseres Maßnahmenpakets vom 7. April. Unser Vorschlag bestand darin, unverzüglich über die Schulen in Erfahrung bringen zu lassen, welche Schüler nur eingeschränkt oder gar nicht am Fernunterricht teilnehmen konnten, weil sie nur eingeschränkt oder gar keinen Zugang zu einem entsprechenden Gerät hatten. Anschließend sollten schuleigene Laptops und andere Geräte unkompliziert, unbürokratisch und rasch als Leihgabe zur Verfügung gestellt werden. Auch das Land hätte wesentlich rascher reagieren müssen. Die nunmehr beantragten Geräte sollen ja erst noch verteilt werden – ganze sieben Monate nach Beginn des ersten Lockdown.

„Unsere Schulen gehören digital auf die Überholspur“, sagte Erik Stohn (SPD). Stimmen Sie dem zu und was wären Ihre Vorschläge um das zu erreichen?

Nicht nur Brandenburg, sondern die gesamte Bundesrepublik hinkt, was die Digitalisierung in der Bildung anbelangt, anderen europäischen Ländern deutlich hinterher. Für diese Feststellung hätte es aber nicht erst der Erfahrungen während des Lockdown bedurft. Ich finde es erstaunlich, dass gerade die SPD diese Forderung aufstellt, die immerhin seit 30 Jahren als größte Partei im Landtag ununterbrochen den Ministerpräsidenten stellt und hier völlig versagt hat.

Die Schulen müssen über eine leistungsfähige IT-Infrastruktur verfügen. Das ist das Fundament, auf dem alles Weitere aufgebaut werden kann. Deren Ausbau wird sich aber gerade in berlinfernen, ländlichen Schulen noch hinziehen. Jahrelange Verzögerungen lassen sich eben nicht auf Knopfdruck beseitigen.

So sehr wir die Digitalisierung befürworten, kritisieren wir aber gleichzeitig, dass sie undifferenziert als Allheilmittel für sämtliche Probleme im Bildungsbereich angepriesen wird. Wir verstehen digitalisierte Bildungsangebote als ein Instrument unter vielen, um das Lernen produktiver und effektiver zu gestalten. Es muss über die Potenziale und Grenzen digitaler Bildung diskutiert werden. Anschließend sind aus den Diskussionsergebnissen praktische didaktische und pädagogische Konzepte herzuleiten, die jeweils immer altersangemessene Antworten liefern. Bedenken Sie, dass bereits vor einem Jahrzehnt Laptop-Klassen in den USA und in Großbritannien eingeführt wurden. Damals galten sie als der neueste Schrei. Viele dieser Klassen mussten anschließend wieder eingestampft werden, weil entgegen der Erwartungen eben nicht die Lerneffekte erzielt werden konnten, die man sich bei deren Einrichtung versprochen hatte. Und eines ist ganz sicher klar: Guter Unterricht steht und fällt mit der sozialen Interaktion zwischen Lehrer und Schüler.

Darüber sind wir rigorose Verfechter von Grundschulen, die sich als vorwiegend „digitalfreie Oasen“ verstehen. Zumindest in den Jahrgangsstufen 1 bis 4 sollten Schüler zunächst analog arbeiten und die grundlegenden Kulturtechniken – Lesen, Schreiben und Rechnen – erlernen, automatisieren und sicher beherrschen. Wenn aber ein immer größerer Anteil brandenburgischer Schüler nicht vernünftig lesen, schreiben oder rechnen kann, dann ist das inakzeptabel und unseres Landes unwürdig.

Sehen Sie die Schulcloud vom HPI als zukunftsweisend an?

Was müsste noch erfolgen, um diese effektiv auch in den Schulalltag einzubinden?

Das muss sich erst noch beweisen. Was ich allerdings von Schülern und Lehrern bislang gehört habe, stimmt mich positiv. Allerdings sollten wir in Brandenburg aufhören, als hätten wir mit dieser Schulcloud das Rad neu erfunden. In anderen Bundesländern wird seit Jahren erfolgreich mit anderen Plattformen anderer Anbieter gearbeitet. Manchmal hilft auch ein Blick über den brandenburgischen Tellerrand hinaus.

Welche regulatorischen Änderungen müssten noch erfolgen, um im Schulalltag grundsätzlich effektiv digital arbeiten zu können?

Mir ist insbesondere wichtig, dass dem Thema „Datenschutz“ eine größere Aufmerksamkeit geschenkt wird und alle im Raum stehenden Fragezeichen zeitnah beseitigt werden. Lehrer, Schüler und Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass die Arbeit mit der Plattform hundertprozentig sicher ist und kein Schindluder mit persönlichen Daten getrieben werden kann. Mit scheinen da noch nicht alle Bedenken restlos ausgeräumt worden zu sein.

Und dann spielt insbesondere für die Lehrer die Frage der Arbeitszeit eine wichtige Rolle. Digitalisierung wird – gerade auch seitens der Politik – als Entlastung dargestellt. Meine Erfahrungen sind da andere. Schon jetzt arbeiten viele Lehrer am Rande der Belastungsgrenze oder haben diese bereits überschritten. In einigen Fällen sehen es Schulleitungen als eine Selbstverständlichkeit an, kurzfristige Informationen und Arbeitsaufträge zu verschicken – auch am Wochenende und an Feiertagen. Das geht nicht. Niemand kann erwarten, dass Lehrer, aber auch Schüler, rund um die Uhr digital erreichbar sind. Hier sollten landesweit einheitliche Arbeitszeitbestimmungen festgelegt werden, die einer weiteren Entgrenzung der Arbeitszeit einen Riegel vorschieben.

Halten Sie es für sinnvoll, digitale Lernplattformen oder alte Prüfungsaufgaben in digitaler Form für ein selbständiges Lernen zu ermöglichen?

Selbstverständlich. Alles, was das selbstständige Lernen und den Lernprozess insgesamt unterstützen kann, sollte genutzt. Wenn es darüber hinaus auch gerne in Anspruch genommen wird, umso besser.

Wenn Sie eine Schulnote für den Umgang mit der Pandemie im schulischen Betrieb und in der Schulpolitik im Land Brandenburg geben müssten, welche wäre das und warum? (Einzelbenotungen sind möglich)

Ich würde sagen: Die Bildungsministerin und ihr Team sind stark versetzungsgefährdet. Eine gute Politik setzt vier wesentliche Dinge voraus: eine vorausschauende und transparente Planung; die Einbeziehung der Opposition und aller Betroffenen – also Schüler, Lehrer und Eltern; die Bereitschaft, zuzuhören und letztlich: die Fähigkeit zur Verantwortungsübernahme. Von all diesen Dingen habe ich in den letzten Monaten kaum bis gar nichts erkennen können. Niemand hat die Wahrheit gepachtet und niemand sollte für sich in Anspruch nehmen, den Stein der Weisen gefunden zu haben. Eine fundierte Auseinandersetzung, der Austausch von Argumenten – hart in der Sache, aber ohne persönliche Untergriffe – ist das Wesensmerkmal unseres parlamentarischen Systems. Mit Leben gefüllt wurde es in den vergangenen Monaten nicht. Und bei allem gilt: Wir arbeiten zum Wohle der Schüler, Lehrer und der Eltern. Das sollten wir bei allen Unterschieden immer im Auge behalten.